Vorstellung

In der Geschichte deutsch-brasilianischer (Kultur-) Beziehungen kann die Bedeutung des wohl um 1525 in Homberg (Efze) geborenen Hans Staden nicht hoch genug veranschlagt werden. Mit seiner 1557 in Marburg bei dem Universitätsbuchdrucker Kolbe veröffentlichten „Wahrhaftigen Historia“ legt er den Grundstein für die bis auf den heutigen Tag höchst lebendige Tradition deutschsprachiger Brasilienliteratur. 

Neben der literarischen Qualität des Reisberichtes von Hans Staden, die sicher auch einer sorgfältigen Korrektur und Überprüfung durch den Marburger Naturwissenschaftler und Hochschullehrer Johannes Dryander zu verdanken ist, bleibt das Brasilienbild der dem Landesherren Philipp dem Großmütigen gewidmeten „Wahrhaftigen Historia“ bis heute deshalb so einzigartig, weil der Reiseschriftsteller Staden durch seine neunmonatige Gefangenschaft bei einem indigenen Tupi-Stamm zu einem „teilnehmenden“ Betrachter der Sitten und Gebräuche dieser brasilianischen Ureinwohner wird. Zu einem zentralen Leid- und Leitmotiv wird dabei der bis ins Detail geschilderte Kannibalismus von sich auch gerade gegenseitig bekriegenden Tupi-Stämmen, der nicht zuletzt dafür verantwortlich ist, dass Staden während seiner Gefangenschaft lange Zeit um sein Leben fürchten muss.

Welchen Respekt Hans Staden unabhängig davon im Laufe der Zeit für „seinen“ Tupi-Stamm entwickelt, mit dem er sich zu einem vergleichsweise friedlichen Zusammenleben arrangieren kann, zeigt nicht nur die objektive Schilderung ihrer Alltagsgeschäfte und Lebensbedingungen. Herausragend im aufwendigen Illustrationsprogramm seines Reiseberichtes ist das Titelblatt zum 2. Buch, mit dem die Denkfigur des „Edlen Wilden“ schon Mitte des 16. Jahrhunderts eindeutige Konturen bekommt. Welchen Respekt Hans Staden selbst als Verfasser des ältesten deutschsprachigen Brasilienbuches bis heute genießt, zeigt die ebenso anhaltende wie internationale Rezeptionsgeschichte seiner „Wahrhaftigen Historia“, deren exemplarische Dokumentation mit besonderen Highlights in der Homberger Jubiläumsausstellung für 2024 geplant ist.